Kritik statt Lob, Zoff statt Zustimmung: Thomas Reis erlebt nach dem Zweitliga-Fehlstart von Schalke 04 eine ganz neue Situation. Plötzlich muss der Trainer, trotz des Abstiegs bei den Fans beliebt, nicht nur eine sportliche Krise meistern - sondern auch seine eigene Arbeit verteidigen.
Hinter vorgehaltener Hand hatten Spieler Kritik an Reis' Trainingsgestaltung geäußert, zudem sorgte der Zoff um Torhüter-Urgestein Ralf Fährmann für Unruhe. „Meine Steuerung ist sehr gut“, behauptete Reis vor dem richtungweisenden Spiel am Samstag (13.00 Uhr/Sky) beim Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden, „man sollte schon in der Lage sein, 60 bis 90 Minuten Training pro Tag zu absolvieren.“
Die vielen Muskelverletzungen seien zwar „sehr ärgerlich“, aber nicht durch das Training bedingt. Schmunzelnd fügte er an: „Ich habe nicht eine Rückmeldung, dass wir vielleicht nur noch eine halbe Stunde trainieren sollen.“ Auch seine Taktik mit sehr hoch attackierenden Außenverteidigern war teamintern kritisiert worden. Er spreche darüber mit der Mannschaft, „das ist meine Führungsphilosophie“, sagte Reis.
Deutlich mehr ärgerte ihn das verbale Scharmützel um Fährmann, der nach seiner Verletzungspause nicht mehr die Nummer eins im Tor ist, sondern Neuzugang Marius Müller den Vortritt lassen musste.
Fährmann-Berater Stefan Backs hatte in der Sport Bild den Wechsel als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet und beklagt, dass er nicht „sauber mit Ralf“ kommuniziert worden sei, „so wird eine Schalke-Legende zerstört.“ Reis antwortete Backs süffisant: „Ich kenne diese Person nicht.“ Mit Fährmann sei er „immer im Austausch“ gewesen. „Es ist sehr schade, dass das medial ausgetragen wurde. Ich glaube, dass es mit Sicherheit keinen Gewinner gibt.“
Der Weg zum Aufstieg ist aber eher ein Marathon als ein Sprint
Andre Hechelmann
Trotz drei Pleiten in den ersten vier Ligaspielen will Schalke noch nicht von den gesteckten Zielen abweichen. Die Bundesliga-Rückkehr sei „ganz klar das Ziel. Das ist unser eigener Anspruch, das muss er auch sein als Schalke 04“, sagte Sportdirektor Andre Hechelmann im Interview mit dem Sportbuzzer: „Der Weg zum Aufstieg ist aber eher ein Marathon als ein Sprint. Uns ist bewusst, dass wir nicht perfekt hineingekommen sind in diesen Marathonlauf.“
Die großen wirtschaftlichen Probleme mit 180 Millionen Euro Verbindlichkeiten machen die Lage noch schwieriger. „Wir haben einen klaren Plan. Der ist so gestrickt, dass wir finanziell nicht “All in' gehen„, sagte Hechelmann: “Wir wollen hier nachhaltig etwas aufbauen. Und dabei den maximalen Erfolg erreichen.„
Sollte der Aufstieg verfehlt werden, könne Schalke aber auch „ein zweites oder drittes Jahr in der Liga verkraften“. Man habe sich bewusst für einen Dreijahresplan entschieden, so der Sportdirektor.
Zuletzt legte allerdings Schalke auf dem Transfermarkt nach. Am Mittwoch wurde der Engländer Derry John Murkin (24) vom niederländischen Erstligisten FC Volendam für rund eine Million Euro Ablöse verpflichtet.